„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“
(Afrikanisches Sprichwort)
Das Erkennen und Behandeln von Entwicklungsstörungen und Behinderungen verschiedenster Ursachen – zentrales Anliegen der Sozialpädiatrie – spielt in Eritrea eine besonders wichtige Rolle bei der medizinisch-interdisziplinären Hilfe für betroffene Kinder und Jugendliche. Die Häufigkeit von Entwicklungsstörungen, einhergehend mit motorischen Behinderungen, Wahrnehmungsstörungen und geistiger Behinderung, ist in Eritrea deutlich größer als in unseren Breiten.
Die Gründe sind vielfältig: unzureichende Verfügbarkeit medizinisch-geburtshilflicher Unterstützung, das Fehlen medizinischer Nachsorge und therapeutischer Begleitung, unerkannte oder unbehandelte Infektionen, Mangelernährung, Sauerstoffmangel unter der Geburt u.a. So sind die Familien weitgehend auf sich gestellt und Hilflosigkeit, Scham und zum Teil in traditionellen Vorstellungen begründete Schuldgefühle insbesondere der Mütter führen zu familiärer Isolation, Verstecken, auch Tod der betroffenen Kinder.
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Die eritreische Selbsthilfeorganisation NAIDDE (National Association of Intellectual and Developmental Disabilities in Eritrea) nimmt sich in bewundernswerter Weise der Aufgabe an, diese Familien zu unterstützen und ist als unser Kooperationspartner im Sozialpädiatrie-Projekt ein Glücksfall und Vorzeige-Partner nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit. Die seit mehreren Jahren bestehende Kooperation beinhaltet unter anderem:
- pro Jahr mehrmalige einwöchige Workshops, in denen Wissen über Ursachen, Erkennen und Hilfen bezüglich der jeweiligen Störung oder Behinderung wie Autismus, Down-Syndrom, frühkindliche Hirnschädigungen u.v.m. ausgetauscht wird und Kindern und Jugendlichen konkrete Hilfen gegeben werden
- EEG-Schulung und differentielle Therapie von Anfallsleiden
- Vermittlung basaler Fertigkeiten in Autismustherapie für Eltern und Helfer
- Aufklärungskampagnen auch in den entlegenen Regionen des Landes inklusive Fertigung eines Promotion-Filmes
- „Training of Trainers“, d.h. Weitervermittlung des Erarbeiteten durch geschulte Eritreer an weitere Eltern und Helfer: besser geht Hilfe zur Selbsthilfe nicht!
Die NAIDDE besitzt den Willen und die Fähigkeit, mit für ein Entwicklungsland ebenso notwendiger wie seltener Nachhaltigkeit die Mammutaufgabe der langfristigen und kleinschrittigen Hilfen für diese verletzlichsten Mitglieder der Gesellschaft umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Sie dabei bestmöglich zu unterstützen, sieht das Sozialpädiatrie-Projektteam als seine Aufgabe an, u.a. mit einer zukünftig räumlich wie personell engen Zusammenarbeit mit dem Projektteam POCA-Kinderorthopädie im Orotta-Hospital in Asmara.
Projektleitung
Dr. Thomas Dirksen, Kinder- und Jugendpsychiater, Münster