Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde ist Teil der medizinischen Grundversorgung und mit der neuen Klinik in Asmara seit 2019 ein Projekt im Spektrum von ARCHEMED.
2018 konnten wir die neue HNO-Klinik in Asmara, die einzige ihrer Art in Eritrea, feierlich eröffnen. Sie ist mit modernsten diagnostischen Geräten und einem OP-Zentrum ausgestattet, so dass der Bevölkerung die gesamte Breite der zeitgemässen HNO-ärztlichen Versorgung zur Verfügung steht
Die Klinik wird geleitet von Dr. Simon Haile und Dr. Alem Teclu, zwei erfahrenen eritreischen Ärzt*innen, die an renommierten Kliniken in Europa, unter anderem an den Universitätskliniken Genf und Tübingen und am Katharinenhospital Stuttgart, eine fundierte Ausbildung in der HNO-Heilkunde erhalten haben und die meisten gängigen Operationen des Faches beherrschen. Zudem werden derzeit auch drei junge eritreische Ärzte ausgebildet, die sich für die HNO-Heilkunde interessieren.
Das Spektrum der Erkrankungen, die wir bei Kindern in Eritrea sehen, unterscheidet sich von dem der Kinder in Europa. So sehen wir häufiger Fehlbildungen wie mediane und laterale Halsfisteln und -zysten oder Choanalatresien (Verschluss des hinteren Nasenausganges), aber auch unspezifische und spezifische Entzündungen, die erst in einem späteren und damit ernsteren Stadium der Erkrankung in die Klinik kommen, als dies bei uns der Fall ist.
Beispiele hierfür sind abszedierende Entzündungen der Tränenwege oder die akute Mittelohrentzündung, die bei uns nach rascher Diagnosestellung und entsprechender, gegebenenfalls antibiotischer Behandlung, meist innerhalb weniger Tage abheilt.
In Eritrea sehen wir häufig Kinder mit einer Mastoiditis als Komplikation der akuten Mittelohrentzündung, da bei fehlender Behandlung die Eiterung aus dem Mittelohr in den angrenzenden Knochen durchbricht. Die dann sofort notwendige, bei uns eher selten erforderliche Operation (Mastoidektomie), ist für Dr. Alem Routine. Nicht wenige Kinder sterben jedoch, bevor sie einen Arzt erreichen.
Zur operativen Behandlung von Tumoren oder Stenosen der oberen Luft- und Speisewege, Entzündungen der Nasennebenhöhlen, entstellenden Defekten oder Fehlbildungen im Gesicht, die von den einheimischen Ärzten nicht versorgt werden können, entsenden wir mehrmals jährlich Teams von Ärzte und Schwestern, die in einem meist ein- bis zweiwöchigen Aufenthalt die Patienten operieren, die von den eritreischen Kollegen dafür gelistet wurden. Die Zahl der Patienten, die auf eine Operation wartet, ist weit größer als die, die wir bewältigen können, und so stellt die notwendige Auswahl der Kinder (Triage) immer eine Belastung für uns dar, ebenso wie das Gefühl bei der Abreise, nicht alles erledigt zu haben und in manchen Fällen nicht helfen zu können.
Seit 2023 hat das ARCHEMED-Team mit Prof. Dr. Zöller einen erfahrenen und renommierten Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen gewinnen können, der die Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten an der eritreischen HNO-Klinik plastisch versorgt. Medizinischer Standard ist, dass Kinder mit LKG-Spalten im ersten Lebensjahr operativ soweit behandelt werden, dass die Lippenspalte und der knöcherne und weiche Gaumen verschlossen und funktionsfähig sind und dass auch gleichzeitig der anteriore Nasenboden gebildet wird. Bislang wurden in Eritrea nur Kinder mit leichten Lippenkerben operativ durch die einheimische MKG-Chirurgin behandelt. Ältere Kinder mit breiten Spalten und erheblichen funktionellen Defiziten blieben unversorgt. Dank des MKG-Chirurgen können inzwischen pro Einsatz etwa 20 Kinder verschiedensten Alters ästhetisch und funktionell rehabilitiert werden.
Zum Glück bekommen wir so viel Freude bei unseren eritreischen Kollegen und so viel unausgesprochene Dankbarkeit der kleinen Patienten und deren Eltern zu spüren, dass wir die Strapazen, die immer mit den Einsätzen verbunden sind, gar nicht bemerken.
Weitere Informationen zur Projektgeschichte finden Sie hier.
Projektleitung: Prof. Dr. Markus Jungehülsing, Potsdam
Dr. Ulrich Markmiller, Aschaffenburg